IceFlower - Initiative für medizinisch-technische Hilfe e.V.
23. Hilfsgütertransport in die Republik Moldau
Freitag, 13. Juni 2008
Um 16:30 Uhr starten wir den 23. Hilfsgütertransport in die Republik Moldau. Von der Geschäftsstelle des THW Hamburg Nord geht es los Richtung Osten. Die Besetzung der diesjährigen Truppe: als alte IceFlower-Hasen Erich Raabe, Klaus Griem, Nina Hammers, Marlu Verspohl und neu vom THW Kai Uwe Peters und Christian Galuba..
Die Abendsonne wirft ein schönes Licht auf die Strecke. Wir sind zwar ziemlich fertig nach dieser Arbeitswoche, aber guter Dinge, da die letzte email aus Chisinau lautete: Sie haben dort nun alle Papiere, die sie brauchen, und freuen sich auf uns! Gestern wurde unser GTZ-Antrag positiv beschieden: bis zu 3.000,- Euro Transportkostenzuschuss! Jetzt sind wir auch noch auf der BAB Hamburg-Berlin unter zwei wunderschönen Regenbögen hindurchgefahren. Was wollen wir heute Abend noch mehr?! Irgendwann ein Bett…
Wir wollen heute noch bis Polen und kurz hinter der Grenze in Zary übernachten. In Zary, das ungefähr 15 km abseits der Autobahn liegt, kommen wir kurz vor Mitternacht an. An der Grenze brauchen wir diesmal nicht einmal einen Pass vorzuweisen und haben auch relativ schnell 100,- Euro in 334 Zloty gewechselt, um die beiden Vignetten für die LKWs für je 27,- Euro bezahlen zu können. Dann trauen wir unseren Augen kaum: Nach der Fahrt durch 15 km flacher, unbeleuchteter Pampa, die absolut menschenleer erscheint, taucht vor unseren Augen eine riesige Fabrik auf, aus deren Schornstein dicke Rauchschwaden in den Nachthimmel aufsteigen. Und siehe da, unser Hotel liegt direkt auf dem Gelände dieser riesigen Anlage!
Der bewachte Parkplatz ist so klein, dass unsere Fahrzeuge nicht darauf passen. Die Zimmer sind für uns im 2. Geschoss reserviert, unten im Erdgeschoss läuft unüberhörbar noch eine große Feier mit lautstarker polnischer Musik. Man tröstet uns, dass es nur noch bis 2 Uhr gehen werde. Obwohl die Zimmer zur Rückseite Richtung Fabrik liegen, deren Stampfen man die ganze Nacht hindurch hört, wird dieses Geräusch noch durch die Musik zwei Stockwerke unter uns übertönt. Beim Öffnen unserer Zimmertüren schlägt uns eine unnachahmliche Duftwolke entgegen. Nach näherer Inspektion scheint der Hauptanteil dieses Luftgemisches aus dem Abfluss der Dusche zu kommen, die eigentlich ganz sauber aussieht. Vor dem Dachgaubenfenster hängt eine mindestens seit 26 Jahren nicht mehr gewaschene Spitzengardine, die einen Blick auf die Schornsteine erlaubt. An den lachsfarbenen Wänden klebten tote Fliegen, aber für 22,- Euro pro Person darf man wohl nicht meckern. Außerdem sind wir viel zu müde, fallen nur noch in die Betten und schlafen auch alle trotz dieser Umstände recht gut.
Samstag, 14. Juni 2008
Um 07:00 Uhr treffen wir uns zum Frühstück. Man hat das Gefühl, in einem anderen Hotel zu sein. Ein schön ausgestatteter Frühstücksraum und ein wunderbares Buffet. Ich glaube, alles andere vorher habe ich nur geträumt. Das passt nicht zu den oberen Etagen und der Umgebung hinter dem Hotel.
Um 07:30 Uhr fahren wir Richtung Krakau ab. Die Sonne scheint, es ist nicht zu heiß, angenehme 18/19° C. Jetzt haben wir erstmal nur Autobahn vor uns. Bis auf einen kleinen Mini-Stau geht es gut voran. Gegen 15:00 Uhr passieren wir Krakau und biegen dann Richtung Süden Slowakei ab.
Etwas später sind wir auch schon an der polnisch-slowakischen Grenze und erwerben in kurzer Zeit die Vignetten für die Slowakei. Hier gibt es sogar einen Kühlschrank mit Bier. Für unseren beiden "Jungs", Christian und Kai-Uwe, besorgen wir zwei Dosen Pilsener Urquell, damit sie etwas haben, worauf sie sich heute Abend freuen können. Nicht ahnend, dass den ganzen Abend nichts mehr aus diesem Bierchen wird.
Nach einer landschaftlich bilderbuchartigen Fahrt am Fuße der Hohen Tatra durch Heidi-Bergwelt-ähnliche Landschaft in Abendsonne passieren wir die Slowakei rechtzeitig vor dem Sonntagsfahrverbot ab Mitternacht und sind gegen halb zehn an der slowakisch-ungarischen Grenze. Keine Grenzposten, keine Posten an der Landstraße, daher auch keine Möglichkeit die Maut zu bezahlen. Kurz hinter der Grenze erscheint es uns, als ob es dort drei Hotels gäbe, aber der Wunsch von Klaus, in unser altes gemütliches Quartier vor zwei Jahren "Venus" zurückzukehren, ist so groß, dass wir zustimmen, die 35 km weiterzufahren. Und dann Pustekuchen! Die 6 Zimmer sind besetzt und inzwischen ist es 22:00 Uhr. Alle sind müde und genervt. Wir lassen den Lkw stehen und fahren mit dem Mannschaftswagen in die nächste Stadt Miskolc.
In Miskolc besteht das Problem, dass man die Stadt mit dem Lkw nicht durchfahren darf. Das einzige Hotel, das wir finden und wohin wir die Fahrt auch gerade noch riskiert hätten, ist ein schmuddeliger, fünfgeschossiger Plattenbau und komplett ausgebucht! Inzwischen ist es 23:00 Uhr und die Hoffnung auf ein weiteres Hotel dort wird zunichte gemacht, weil das einzige City-Hotel, das in Frage käme, in der Lkw-freien Zone liegt.
Also die 35 km zurück, um eines dieser drei Hotels, die wir bei der Einfahrt von Ungarn in Erinnerung hatten, aufzusuchen. Dieses erweist sich dann letztendlich als Trugschluss. Diese kleinen blauen Schilder: Betten - rechts ab 500 m - links ab 5 Kilometer - enden im Nichts. Sogar die größeren Schilder mit Hotel und Namen und Richtungsweiser führen nicht weiter. Wir finden nur ein Hotel und klingeln dort. Nach 10 Minuten erscheint eine ältere Dame, die genau 1 Bett für uns zur Verfügung hätte. Dafür hat sie Lichtergirlanden um ihren Zaun gewickelt.
Jetzt gibt es nur noch Eines: Weiterfahren Richtung Rumänien, wohl wissend, dass es da bald auf die Autobahn geht und mit Sicherheit kein Hotel geben wird. Wir fahren noch bis 2:00 Uhr und stellen uns dann auf einen Rastplatz an der Autobahn, um von 2:00 bis 6:00 Uhr mehr schlecht als recht in den Autos zu schlafen. Es ist kalt geworden, es regnet in Strömen und prasselt aufs Dach. Die Standheizung funktioniert nicht. In unserem Mannschaftswagen schlafen vorn Erich und Klaus im Sitzen. Ich habe Glück, dass Nina bevorzugt, lieber ausgestreckt als angewinkelt zu liegen und sich zwischen die beiden Sitzreihen auf den Boden klemmt, so dass mir die Sitzbank zum Schlafen bleibt. Aber es ist auch so nicht sehr bequem, ich liege auf dem Schloss des Sicherheitsgurtes, es ist kalt. Nach vier Stunden sind wir alle gerädert und sämtliche Knochen spürend wieder unterwegs in die nächste Raststätte, wo wir versuchen uns mit einem Kaffee aufzuwärmen. Stimmung trotz allem gut. Klasse Jungs!
Sonntag, 15. Juni 2008
Dadurch haben wir natürlich mächtig Zeit gewonnen und sind schon um 9:00 Uhr in Höhe Oradea in Rumänien. Nach Mehrheitsbeschluss entscheiden wir uns für die obere Strecke durch die Karpaten, die landschaftlich wunderschön sein soll. Auch wenn es dort wiederum nicht viele Hotels geben soll. Zur Alternative stand Sibiu, das alte Hermannstadt - seit einem Jahr Weltkulturerbe - zur Debatte. Dort gibt es gute Hotels, und man hätte sich die Stadt noch rechtzeitig ansehen können. Aber die meisten wollen doch lieber die Karpaten genießen. Außerdem möchten wir auch gerne unterwegs noch unser Spielzeug, ein bisschen Kleidung und Wichtelpäckchen verteilen. Das geht auf dieser Strecke besser. Die Strecke über Sibiu ist zudem eine grässliche Autostraße, in der in unserer Erinnerung vor zwei Jahren ständig umgekippte Lkws in den Gräben liegen. Die rumänische Todesstrecke. Ein weiterer Grund für die landschaftlich pittoreskere obere Tour!
Leider regnet es zwischendurch immer wieder sehr heftig. Dennoch hat auch bei diesem Wetter die Landschaft etwas Faszinierendes. Die kleinen Dörfchen, durch die wir fahren, scheinen vom Tourismus noch komplett unberührt: viele Holzhäuser mit den hier typischen Dachholzschindeln, kleine Vorgärten, in denen allerlei Gemüse angebaut wird, viele alte Frauen und Männer, die auf ihrer Feierabend-Bank vor der Tür sitzen. Man sieht bisher wenig Kinder und junge Leute. Zwischendurch sieht man ein Haus: Das Gerüst steht und ein Dach ist drauf, aber ansonsten nichts. Auch nicht ganz typisch für uns, dass man den Hausbauch mit einem Dach anfängt.
Hier hängen vor allen Häusern Satellitenschüsseln, d. h. sie erleben schon die Welt durch das Fernsehen. Und wir fragen uns: Wie kommt man damit klar? Wovon leben die Menschen hier? Sind die jungen Leute in den Städten und helfen den Älteren damit hier vor Ort? Reicht die Landwirtschaft, reicht der Gemüsegarten?
Die Straße ist nicht besonders gut, es geht bergauf und etwas mühsam voran. Außerdem wird die Zeit hier um eine Stunde vorgestellt und plötzlich ist es schon halb sechs, als wir in Reghin ankommen. Ab hier soll laut Klaus und Erich die landschaftlich besonders reizvolle Strecke beginnen. Allerdings ohne Hotel, jedenfalls haben sie auf der Rückfahrt letztes Jahr hier absolut keines gefunden. Aber es geschehen noch Wunder: Wir passieren ein großes, neues Hotel!
Das Hotel "Valea Regilor", ein 3 Sterne Hotel mit Restaurant, gebaut wie ein großer Alpengasthof mit Holz-Balkonen und Geranien. Doch zunächst müssen Nina und ich Überzeugungsarbeit leisten, jetzt nicht noch die lange Strecke bis zum nächsten größeren Ort weiterzufahren, in dem wir dann um 22:00 Uhr womöglich müde ankommen würden und nicht wissen, ob es ein Quartier gibt. Vor allem nach der letzten Nacht entscheiden wir uns dafür, stattdessen lieber rechtzeitig zu Abend zu essen und ins Bett zu gehen. Dann gibt es auch noch freie Zimmer zu ausgesprochen günstigen Preisen: Doppelzimmer 170 Ron (ca. 50,- €) mit Frühstück. Wir schauen uns die Zimmer an: Nagelneu, groß, schöner Blick, neue Duschen, alles funktioniert und nichts fällt gleich beim ersten Anfassen runter. Die Bedienung bemüht sich in etwas gebrochenem Englisch uns entgegenzukommen. Der Parkplatz ist bewacht, allerdings passt hier nicht der große Sattelzug drauf, aber der ist ja durch den verplombten Container per se ziemlich sicher. Unser Mannschaftswagen wird vor der Videokamera geparkt.
Überglücklich duschen wir und essen anschließend im Restaurant des Hotels. Das Essen ist okay - dafür schmeckt das Bier umso besser. Störend ist eigentlich nur mal wieder die laute, unschöne Discomusik, die uns mit Flackerlicht in unserem Eßsaal begleitet. Aber das gehört eben auch dazu! Hier scheint man das zu lieben. Seit unserer Abfahrt ist heute unser erstes gemeinsames Abendessen. Die Stimmung ist gut! Kai-Uwe und Christian macht die Fahrt offensichtlich Spaß, sie sind auch zum ersten Mal mit einem Lkw in dieser Gegend Richtung Osteuropa unterwegs. Sie machen jede Umgehungsstraße, jede Hotelsuche und jedes Im-Auto-Übernachten ohne Murren mit. Es macht mit einer so harmonischen Truppe wirklich Spaß. Nicht zuletzt auch unsere - wenngleich extrem kurzen - Picknick-Pausen (durch den Druck von Erich, der auch auf dieser Tour immer wieder betont, dass es keine Kreuzfahrt sei und wir weiter müssen): Wir stehen da eigentlich nur für ein Viertelstündchen bei offener Wagenklappe und schmieren aus der Hand ein paar Brote und essen die Frikadellen und Dauer-Salami-Würstchen - dann geht es auch schon weiter.
Montag, 16. Juni 2008
07:00 Uhr: Im Gegensatz zu den richtig schönen Zimmern und der netten Bedienung ist das Frühstück eher mäßig, aber der Kaffee dafür umso besser.
Gegen 07:45 Uhr fahren wir im Regen bei 16° C wieder weiter. Um 11 Uhr kommt allmählich die Sonne durch. Es ist wirklich ein sehr pittoresker, wunderschöner Teil der Karpaten mit hohen Nadelbäumen und waldbedeckten Bergen. Wir fahren zunächst mehr oder weniger parallel entlang eines kleinen Flusses, landschaftlich ein Mix aus Österreich, Schweiz, den Nationalparks in den USA und Kanada. Die gelegentlichen Dörfchen sind sehr idyllisch aber auch sehr arm. Die Häuser sind größtenteils sehr reparaturbedürftig und hinfällig, hin und wieder sieht man Rohbauten. Immer noch sehr wenige Kinder auf der Straße. Wir haben Spielzeug von dem Kindergarten "Königsreihe", Dreiräder usw., die wir unbedingt vor der Grenze nach Moldau verteilen müssen. Plötzlich entdecken wir vier kleine Kinder mit ihren Müttern auf der Straße: zunächst völlig überrascht scheinen sie sich doch sehr über die Spielsachen zu freuen.
Unterwegs sieht man immer wieder Verkaufsstände mit Pilzen, überwiegend Pfifferlinge und auch Steinpilze. Es fällt uns sehr schwer, sie nicht mitnehmen zu können. Auch immer wieder Holzbauwagen mit vielen Kästen mit Bienenwaben. Die Imker stehen also mit ihrer ganzen Anlage am Straßenrand und verkaufen vor dem Wagen an einem kleinen Stand ihren selbstgemachten Honig. Nina hat die Idee: ein gutes Mitbringsel, Präsente für zu Hause! Der von uns erwählte Imker, der 8 Gläser Honig auf einen Schlag los wird, strahlt selbst wie ein Honigkuchenpferd und kann wahrscheinlich für heute Feierabend machen. Seine Freude und Dankbarkeit bringt er Nina und mir gegenüber zum Ausdruck indem er uns mit seinem mit zwei Goldzähnen besetzten Mund jeweils auf die Hand küsst. Unsere lieben Kollegen vom THW wollen das angeblich nicht gesehen haben aus Angst, dass das jetzt Standard werden könnte!
Am Ende der besonders pittoresken Strecke befindet sich ein großer See, der Lacol Izvoru Munteloe. Mitten aus dem See ragt ein riesig großer Felsen, auf dem ein Kreuz steht. Momentan wird eine große Brücke über diesen See gebaut, auch hier scheint sich der Tourismus ein bisschen zu entwickeln. Am Ende des Sees gibt es diverse kleine Restaurants, über denen auch einige Pensionsbetten zu sein scheinen. Im nachhinein noch einmal: welch Glück, dass wir dieses schöne, große Hotel in Reghin wahrgenommen haben. Irgendetwas auch nur annähernd Vergleichbares sehen wir nicht.
Hier in Rumänien scheint seit EU-Zugehörigkeit in Richtung Service etwas zu passieren. Uns allen ist aufgefallen, dass grundsätzlich in Restaurants und Hotels die Bedienung etwas freundlicher geworden ist. Sowohl an der Grenze wie auch hier unterwegs in den Karpaten wird wesentlich eher schon einmal Englisch gesprochen, wenn auch etwas gebrochen. Der Service-Kundengedanke scheint auch hier so langsam durchzusickern. Es sieht so aus, als wenn man die Karpaten für den Tourismus erschließen möchte. Umso mehr freuen wir uns, dass wir alles noch weitgehend unberührt durchfahren können.
Gegen Mittag klart es auf, die Sonne kommt durch und das macht die Fahrt noch schöner. Leider können wir nicht an dem See entlang fahren, weil diese Straße für Lkws über 3,5 t gesperrt ist. Wir werden wieder einmal umgeleitet auf eine ganz furchtbar schlechte Straße mit riesigen Schlaglöchern, nicht breit ausgebaut. Insgesamt ein großer Umweg, über den wir bestimmt ein bis zwei Stunden Zeit verlieren.
Kurz vor 18:00 Uhr sind wir dann in Albatis, der rumänischen Seite der Grenze zur Republik Moldau. Die Ausreise dauert ungefähr eine halbe Stunde und trotzdem müssen wir dankbar sein, dass es so schnell geht. Ohne das TIR-Papier, das Klaus über die Beziehungen seines Freundes Thomas doch noch beim Hamburger Zoll erhalten hat, hätte es auch dieses Mal wieder erhebliche Schwierigkeiten gegeben.
Der deutsche Zoll hat mal wieder steif und fest behauptet, dass wir es nicht mehr benötigen, seit Rumänien in der EU ist und die einzige Grenze, die wir außerhalb der EU passieren, die Grenze Rumänien-Moldowa ist. Das wurde im letzten Jahr schon behauptet und hat uns die größten Schwierigkeiten bereitet und in diesem Jahr wieder. Klaus und Erich haben drei verschiedene Zollstellen angelaufen und sind nicht weiter gekommen. Letztendlich haben wir es seinem Freund Thomas zu verdanken, dass uns dieses wichtige Dokument doch ausgestellt wurde. Und nicht nur bei der Ausreise aus Rumänien ist es unerlässlich. Die Einreise in die Republik Moldau wäre auch ohne dieses Papier praktisch unmöglich!
Marcel gibt uns telefonisch Bescheid, dass eine Person des Innenministeriums aus Chisinau an der Grenze auf uns wartet. Ein Polizist, wie es sich herausstellt, weder der deutschen noch der englischen Sprache mächtig, dafür perfekt russisch und rumänisch sprechend, der uns mit Handzeichen zu verstehen gibt, was er an Papieren braucht, um uns dort durchzulotsen. An seiner Seite ein offensichtlich aus Chisinau für unsere Zollabwicklung mitgebrachter Broker.
Insgesamt dauert diese Prozedur dennoch 3,5 Stunden. Nach ungefähr einer Stunde erhalten wir unsere Pässe wieder, der Polizist aus dem Ministerium ist mit dem Broker, der unsere TIR-Papiere haben wollte, einschließlich Ladelisten, Fahrzeugausweisen usw. verschwunden. Wir warten und warten und warten. Nach 2 Stunden tauchen die drei Herren wieder auf, können aber nicht viel ausrichten, weil angeblich ein CMR-Papier fehlt, wohl so wichtig wie das TIR-Papier und weil offensichtlich ein Missverhältnis besteht zwischen der Tonnage auf der Ladeliste und dem tatsächlichen Gesamtgewicht. "Unser" Polizist verliert erst langsam und dann zunehmend schneller die Geduld und erreicht letztendlich durch lautstarke Wutanfälle und auch Herbeizitieren des Chefs der Abteilung - wir können nichts verstehen außer "Buerokratia", aber die Gesten sehen eher drohend aus - dass wir dann nach dreieinhalb Stunden im Land sind und zwar mit entplombtem Sattelzug!
Entsprechend Marcel`s Erfahrungen vom letzten Jahr freut es uns eigentlich, dass auch hier mal wieder ein Angehöriger des Ministeriums vor Ort live mitbekommt, wie kompliziert die Bürokratie des Zollapparates tatsächlich ist. Die Wut "unseres" Polizisten hat erreicht, dass wir relativ schnell frei kamen. Wir sind überzeugt, wenn wir uns ohne die Unterstützung vom Innenministerium diese Wut erlaubt hätten, hätten sie unsere Akten nach ganz hinten getan und wir säßen immer noch dort.
So können wir um 21:30 Uhr Richtung Chisinau im Konvoi fahren: Voraus unser immer noch sehr aufgebrachter Polizist mit seinem Broker in einem Mercedes der A-Klasse, den es nun nach der verlorenen Zeit im Zoll offensichtlich sehr nach Hause drängt. Er braucht ewig um zu verstehen, dass wir bei aller Liebe und Müdigkeit seinem Tempo nicht folgen können. Unsere kleine Bergziege (= IKW) und der große Truck können mit seinen Vorstellungen von Geschwindigkeit nicht mithalten, was ihn dazu veranlasst, immer wieder eine Vollbremsung zu machen, auf uns zu warten, wieder loszudüsen, zu bremsen und zu warten, zwischendurch auch mal auszusteigen, um zu gucken, ob wir kommen, anstatt langsam vor uns herzufahren.
Dennoch ist es ihm und uns gelungen - alle fertig mit Gott und der Welt - irgendwie gegen 23:00 Uhr im Hof des "Krankenhauses für das Innenministerium" zu parken.
Wir werden tatsächlich direkt im Krankenhaus auf der Privatstation untergebracht. Allerdings sind die Zimmer tatsächlich sehr schön renoviert und sehen alles andere als krankenzimmertypisch aus. Es scheinen eher Gästezimmer für Angehörige zu sein oder Krankenzimmer mal für eine Nacht für einen Minister - ich weiß es nicht. Auch wenn wir durch Ambulatorien hindurch müssen, kann man damit eigentlich leben. Die Betten sind komplett neu, werden täglich frisch bezogen. Es gibt eine kleine, neue Dusche, alles funktioniert großartig und der große Kühlschrank im Zimmer (das größte Möbelstück des Zimmers - entspricht wohl der Vorstellung von Lebensqualität der Moldawier) ist gefüllt mit Ananas, Getränken, Pralinen. Ein Obstteller steht auf dem Tisch, Kaffee, Kaffeekocher - das alles spricht für einen liebevollen Empfang.
Dann - große Überraschung! - ist sogar auch der Vizeminister Golovaci zur Begrüßung erschienen und hat uns dann trotz der späten Zeit (23:30 Uhr) noch zu einem kleinen Abendessen in der Caféteria im 5. Stock eingeladen, wo sich ein Tisch vor Essen biegt! Mit selbstgemachten Teigtaschen, Gurken, Tomaten, Braten, Cognac, Bier, Obst, Kuchen - wir essen, was wir gerade noch schaffen können vor Müdigkeit. Wir kommen aber nicht um den Cognac und "Noroc, Noroc, Noroc" (= Prost) herum! Das Programm der nächsten Tage wird besprochen, an dem man erkennt, das wirklich Vorbereitungen getroffen worden sind, incl. Manpower-Hilfe beim Entladen sowie ein Rahmenprogramm u. a. mit Besuch des Weinkellers.
Total müde, um nicht zu sagen völlig kaputt sinken wir alle gegen 0:30 Uhr in unsere Luxus-Krankenhausbetten und fallen in einen tiefen Schlaf.
Dienstag, 17. Juni 2008
Verständnisvollerweise hat man uns den Dienstagvormittag frei gelassen. Ab 13:00 Uhr sollen wir durch das Krankenhaus geführt und anschließend mit Presse die LKWs geöffnet und entladen werden.
Wir 6 treffen wir uns um 9:00 Uhr, um von unserem Krankenhaus aus zusammen in die Stadt zu fahren und zu frühstücken. Die Sonne scheint, es ist angenehm bei ca. 23° C und wir nehmen einen kleinen Minibus in die Stadt und spazieren entlang der Stefan cel Mare (Hauptader und Boulevardstraße von Chisinau). Langsam kommen auch wieder alte Erinnerungen. In dieser Ecke fühlen wir uns schon ein bisschen zu Hause, weil wir hier in der Nähe früher unser Hotel hatten. Wir frühstücken in einem kleinen Gartenrestaurant mit Sandwich, Orangensaft und Kaffee, tauschen Geld, flanieren noch ein bisschen am Boulevard entlang, um dann mit einem Minibus rechtzeitig wieder im Krankenhaus zu sein.
Dem Minibus-Fahrer - keiner spricht hier Englisch oder Deutsch - geben wir die Adresse unseres Krankenhauses, mit der er aber nicht so richtig etwas anfangen kann. Über Lautsprecher bittet er sämtliche Fahrgäste um Mithilfe. Toll, das ist uns bisher noch nicht passiert! Sehr nett!
Von 13:00 bis 13:30 Uhr warten wir dann in der Sonne bis der Chefarzt auftaucht mit seiner großen weißen "Kochmütze" - einer offensichtlich üblichen Chefarzt-Uniform mit Arzthaube - im OP gibt es diese "Kochmützen" in Grün. An seiner Seite eine Dolmetscherin, Viktoria, die sehr gut Deutsch spricht, offensichtlich auch die Übersetzerin unserer Ladelisten war und die gesamte Entladung begleitet. Hinzu kommen Vizeminister Golovaci und die Presse mit Zeitungsreportern und Kameras. Vor laufender Kamera erzählen Nina und ich ein paar Worte über das THW und IceFlower.
Dann beginnt das Entladen des Sattelzuges. Der Chef des Krankenhauses für das Innenministerium, Herr Dr. Obada, ist beim Entladen dabei, sowie weitere Chirurgen und Neurochirurgen. Tatkräftige Unterstützung bekommen wir von 15 - 20 Polizisten, die fast zu tatkräftig und schnell die Sachen aus dem Lkw in den Keller des Krankenhauses bringen. Wir müssen tierisch aufpassen, dass die Sachen für unseren Landarzt und das Kinderheim draußen bleiben. Das Schöne ist, dass diesmal nicht penibel alles durchgezählt und mit der Liste kontrolliert wird. So können wir zusammen mit Herrn Dr. Obada locker entscheiden, was für wen gedacht ist. Wie wir es uns immer gewünscht haben!!!
Innerhalb von 2 bis 3 Stunden ist alles entladen. Die Sachen für den Landarzt und das Kinderheim werden wieder zurück auf den großen Lkw gepackt und zu einem bewachten Parkplatz auf der anderen Seite der Stadt gebracht. Es ist so eine Art Autohof des Innenministeriums, wo ganz viele ausrangierte Oldtimer stehen - unsere Männer strahlen wie Honigkuchenpferde beim Anblick dieser alten Karosserien.
Heute Abend sind wir vom Chefarzt Dr. Obada mit Marcel zusammen zum Essen eingeladen. Es soll Punkt 18:30 Uhr losgehen, später wird uns der Zeitdruck klar. Sie wollen um 21:00 Uhr Fußball schauen (EM). Das Restaurant ist nicht weit von unserem Krankenhaus entfernt. Es liegt in einem Seitenweg mit einem kleinen Garten, Tischen und Stühlen draußen. Man hat nicht damit gerechnet, dass es so ein lauer Sommerabend ist und deshalb drinnen einen großen Tisch festlich für uns gedeckt. Vorspeisen in der typischen, landesüblichen Weise mit viel frischen Gurken, Tomaten, Salaten, kaltem Fleisch jeglicher Art und vor allem sehr guten moldawischen Weinen.
Dank Marcels Übersetzung kann ich doch einige intensive Gespräche mit Dr. Obada führen. Es stellt sich heraus, dass er wirklich ein sehr, sehr engagierter Arzt ist. Ich hatte ja zunächst Bedenken, dass sein Krankenhaus nur für Angehörige des Innenministeriums zuständig ist, aber das beinhaltet eben auch sämtliche Polizisten des Landes, ihre Anwärter, das Gefängnis mit Insassen und Personal, z.B. auch alle Putz-und Küchenhilfen mit ihren Angehörigen sämtlicher Institutionen des Innenministeriums. Er ist von Haus aus Kardiologe, aber inzwischen als Chef der Klinik sehr breit gefächert, mit ca. 140 Leuten Personal, die er motivieren konnte, alles mögliche selber zu machen, wie z. B. die Gebäude innen wie außen zu bemalen und einzurichten. Die ganze Anlage sieht wirklich nett und einladend aus. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Technik dennoch größtenteils sehr veraltet ist, wie wir bei der Besichtigung gesehen haben. Es gibt dort z. B. Narkosegeräte, die 40 Jahre alt sind. Dr. Obada ist offen für alles Neue und setzt es auch so weit wie möglich um. Er macht IceFlower das Kompliment, dass ihm schon viele Besucher aus vielen Ländern - unter anderem auch Finnland, Norwegen, Italien - versprochen hätten, ihn zu unterstützen, aber wir die Ersten seien, die ihr Wort gehalten hätten! Das freut uns!
Auf der anderen Seite können wir ihm auch einiges über unseren Verein erzählen und ihm wird wohl erst jetzt bewusst, was wir alles in unserer Freizeit unternehmen, damit wir die Tour finanzieren können. Er bietet uns gerührt die kostenlose Übernachtung in seinem Krankenhaus an, wann immer wir nach Moldowa kommen. Letztlich haben wir durch die Übernachtung dort auch die Fahrtkosten um einen nicht unerheblichen Teil reduzieren können. Geradezu rührend bekommen wir im Übrigen fast jeden Tag frische Bettwäsche und Handtücher und im großen Kühlschrank warten täglich. Himbeeren, Brombeeren und Johannisbeeren aus dem eigenen Garten des Doktors sowie Käse und Wein aus seiner eigenen Produktion. Gastfreundschaft wird hier wahrlich groß geschrieben.
Uns wurde kurz vor der Abreise ein 3D-Ultraschallgerät für die Gynäkologie angeboten. Da man hierfür ein spezielles Training braucht, wollten wir uns erstmal im Lande schlau machen, ob es überhaupt hier genutzt werden kann. Auch dieses lässt sich heute Abend in Ruhe besprechen. Dr. Obada kennt einen Fachmann (Radiologen), er kennt auch diese Kurse und würde das unterstützen. Ich habe Vertrauen, dass ihm dieses gelingen wird, so dass wir hoffen, das Ultraschallgerät im nächsten Jahr für ihn mitbringen zu können.
Kurz vor 21:00 Uhr verabschieden sich die beiden Herren ziemlich rasch - fußballsüchtig - und wir sechs sitzen bei einem Glas Rotwein draußen, um diesen Tag ausklingen zu lassen und die Vor- und Nachteile dieser Tour zu besprechen. Wir sind auch jetzt wieder begeistert, wie gut alles vorbereitet ist und wie tüchtig die Hilfe beim Entladen war. Wenn auch zunächst Bedenken bestanden haben, dass es noch viel bedürftigere Krankenhäuser gibt als das hiesige, sehen wir nun doch ein, dass die technisch komplizierteren Geräte eindeutig bei solch einem Chef ihren richtigen Platz gefunden haben. Er kann damit umgehen bzw. lässt seine Assistenten dafür ausbilden.
Und da man uns "unsere" anderen Empfänger im Lande problemlos beliefern lässt, haben wir in diesem Jahr ein richtig gutes Gefühl!
Mittwoch, 18. Juni 2008
Um 9:00 Uhr treffen wir Marcel vor unserem Krankenhaus. Er will uns nach Rezina im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Transnistrien, wo wir im letzten Jahr schon einmal gewesen sind, begleiten.
Auf der Fahrt erfahren wir folgendes über das Land:
Die Republik Moldau hat viele Arbeitskräfte im Ausland, im westlichen Ausland wie auch in Moskau. Es sind mittlerweile so viele, dass das ein Haupteinkommen des Staates ausmacht und die Arbeitskräfte hier auch schon knapp werden. An der Technischen Hochschule werden IT-Berufe gelehrt und die Absolventen gehen oft gleich nach ihrem Abschluss nach Amerika, Indien und in die ganze Welt, weil das überall gebraucht wird.
Der typische Bewuchs rechts und links hier am Straßenrand sind die Walnussbäume, überall wohin man schaut. Lediglich die weißen Bäume - Birken aus Sibirien, die Russland hier angepflanzt hat - stechen hervor. Gut gedeihen sie allerdings unter den hiesigen Bedingungen nicht.
Militärisch orientiert sich Moldowa seit einiger Zeit mehr Richtung Westen, bislang war es nur ostabhängig. Man versucht auch mit der NATO in Kontakt zu kommen, es gibt hier gemeinsame Übungen von Minensuchern oder auch von Militärärzten. Ihre Flugzeuge sind oder werden verkauft, und somit hat die Armee von Moldowa nur noch 30 Hubschrauber. Aber da das Land nur 150 km breit und 300 km lang ist, reicht das auch.
Marcel ist Präsident einer deutsch-moldawischen Gesellschaft - eine Non-Profit-Firma. Sinn dieser Gesellschaft ist es, deutsche Firmen zusammenzuführen, Stammtische zu veranstalten, an denen Fachgespräche stattfinden sollen, Leitfäden zu erstellen, wie man mit der hiesigen Bürokratie umgeht, wenn man z. B. eine Firma gründen will, usw. Unterstützt werden sie von der deutschen Botschaft, damit neue Wirtschaftsbeziehungen zustande kommen.
Inzwischen - nach einer langen und sehr, sehr schlechten Strecke - sind wir in Rezina. Dort befindet sich das Internat mit 160 Kindern zwischen 6 und 18 Jahren, die alle wegen einer neurologisch-psychiatrischen Störung, meistens frühkindlich-traumatisch bedingt oder unter schwerst-asozialen Familienverhältnissen aufgewachsen, hier aufgenommen sind. Die Kinder befinden sich zur Zeit in den Ferien. Jedes Jahr ist das Internat von Juni bis September für drei Monate geschlossen. 20 Kinder, für die es unmöglich ist, in ihre Familie zurückzukehren, werden vorübergehend in einem Sommercamp untergebracht. Trotzdem finden sich einige umliegende Familien mit ihren Kindern ein, um ein paar Wichtelpakete für sich und später die weiteren Kinder in Empfang zu nehmen.
Wir sind glücklich, unter anderen hier unseren Zahnarztstuhl mit elektrischer Bedienungseinheit und vielem weiteren Zubehör für eine gute Zahnpflege abliefern zu können. Das hat es hier vorher nicht gegeben. Jetzt können die Zahnärzte auch in dieses Internat kommen und vor Ort behandeln.
Die Dankbarkeit der Internatsleitung wird wieder mit einem üppigen Mahl und reichlich selbstgebrautem Wein und Cognac zum Ausdruck gebracht. In diesem Jahr werden wir -ebenfalls auf Initiative von Minister Golovaci - vom Chef der Polizei des Distrikts begleitet, Commissar Sergiu Morozan - ein höherer Angehöriger des Innenministeriums, der hier diesen Distrikt, eine echte Problemzone mit Transnistrien als direktem Nachbarn, verwaltet. Er erzählt uns, dass die Zusammenarbeit mit der dortigen Polizei problemlos sei, dass viele Menschen auch hin- und herpendeln zur Arbeit, dass einzig und allein die Politik die große Differenz ausmacht.
Herr Morozan lädt uns dann im Namen des Innenministeriums zu einer Besichtigungstour ein - direkt nach unserem äußerst üppigen Mahl im Heim. Zunächst fahren wir an den Dnjestr. Das ist der Grenzfluss zwischen Transnistrien und der Republik Moldau. Von dort geht es zum Kloster Saharna, einem Monasterium, in dem 40 Mönche leben, in wunderschöner Natur in der Nähe eines kleinen Wasserfalls. Dort werden wir von einem Mönch durch die Anlage geführt. Es gibt eine Sommer- und eine Winterkirche. Dazwischen wird ein neuer Speisesaal gebaut. Der Friedhof, der zum Monasterium gehört, wurde umgegraben, um Platz für eine weitere Kirche zu schaffen. Wir fragen uns: Ist es die Frühlings- oder die Herbstkirche?!
Wahrscheinlich reichen zwei Kirchen für vierzig Mönche nicht. Die Gebeine der ausgehobenen Gräber befinden sich nun in einzelnen Glaskästen auf einer Mauer, so dass man, wenn man dort auf diesen Friedhof kommt, als Erstes auf ganz viele Schädel und Gebeine blickt. Das ist sehr eindrucksvoll.
Beim weiteren Rundgang krabbeln wir in eine sogenannte "Wunschhöhle", in der man entweder kleine Zettelchen mit Wünschen hinterlassen kann oder aber die Hand auf die Felswand legt und dann in Stille seinen Wunsch ausspricht. Sollte dieser Wunsch - wenn es ein Wunsch für die nahe Zukunft ist - in Kürze in Erfüllung gehen, bittet der Mönch um Rückmeldung. Zum Beispiel unser "Bruder Kai-Uwe" möchte eine neue Harley haben. Wir hoffen, wir bekommen bald ein positives Feedback! Er hat aber die Hand nicht so richtig auf die Mauer gelegt. Also könnte es sein, dass es nichts wird.
Während wir durch die Anlage wandern, werden wir die ganze Zeit von einer Art gregorianischem Gesang über Lautsprecher begleitet. Es passt irgendwie zu dieser Stimmung hier, hat etwas friedliches und authentisches in dieser Umgebung.
Die Mönche beginnen morgens ihren Tag mit zweieinhalbstündigem Beten, dann wird gefrühstückt und dann macht man ein bisschen Landwirtschaft oder ein bisschen Arbeit in der Kirche. Also so richtig Stress haben sie hier scheinbar nicht. Sie sind auch alle eher wohlgenährt. Es sind auffallend viele junge Mönche.
Auch hier werden wir schon wieder zum Essen eingeladen, etwa zwei Stunden nach dem letzten üppigen Mahl. Zunächst können wir uns nicht vorstellen, auch nur einen Bissen herunterzubekommen, und dann schmeckt es doch wieder so gut! Das Gemüse hier ist frisch, es ist alles selbst eingelegt, Karotten mit Koriander, Tomaten, Gurken, selbst gemachte Wurst und natürlich wieder der hausgemachte Rotwein, der hier ein bisschen an dunklen Johannisbeersaft erinnert und auch recht gut schmeckt. Ein Mönch, der uns Gesellschaft beim Essen leistet und gerne Fragen beantwortet, hält kräftig beim Rotwein mit.
Unser armer Erich muss den ganzen Tag fahren, kann also auch erstens getränkemäßig nicht mithalten und hat mit Abstand die schlechteste Strecke zu bewältigen, die wir seit Hamburg erlebt haben: Schlaglöcher ohne Ende, teilweise nicht asphaltierte Straßen. Er tut uns echt leid, aber er macht es wieder mal ganz, ganz toll!!!
Auf der Rückfahrt, ca. 60 km vor Chisinau, lädt uns Marcel kurz zu einem Zwischenbesuch bei seiner Schwester und seinem Schwager ein, die eine Plantage mit Tomaten, Gurken und einem riesigen, künstlichen See mit Karpfen usw. als landwirtschaftliches Großprojekt vor drei Jahren angelegt haben. Es ist wirklich sehr eindrucksvoll. Der Schwager gibt uns einen Sack voll frischer kleiner Gürkchen mit, die so gut schmecken, so etwas habe ich überhaupt noch nicht gegessen!
Gegen 21:30 Uhr sind wir dann alle sehr erschöpft, verdreckt und müde, aber auch sehr angefüllt von den vielen Erlebnissen dieses Tages in unserem Heim - sprich Krankenhaus - zurück. Seit der letzten Nacht gibt es leider kein Wasser (irgendwo ist angeblich eine Wasserleitung im gesamten Stadtgebiet angezapft worden). Auch nach diesem aktiven Tag können wir daher leider nicht duschen - irgendwie gewöhnen wir uns langsam daran.
Wir benutzen grundsätzlich nur noch die Treppe, nachdem wir am ersten Abend den alten russischen Fahrstuhl im Krankenhaus kennengelernt haben. Die Tür ließ sich nur mit Mühe öffnen, die Stockwerke schaffte er nur krächzend und langsam, um dann etwa 50 - 80 cm vor Erreichen der Etage zu enden. Dann ließ sich die Tür gar nicht mehr öffnen. Im Fahrstuhl standen ein alter Holztisch und zwei Stühle, und jemand musste auf einen Stuhl klettern, um die Tür von ganz oben zu öffnen. Danach konnte man sich mit einem großen Schritt erst befreien!
Toll fanden wir übrigens auch die Fahrt von dem Internat Rezina in Richtung Transnistrien. Da sind wir dem Polizeichef im Auto gefolgt und bekamen eine Nachricht, wir sollten trotz Radarmessungen auf der Strecke ruhig schnell fahren - mit ihm als Vorfahrer würde uns nichts passieren.
Donnerstag, 19. Juni 2008
Heute ist wieder das volle Programm angesagt: Ca. 07:30 Uhr Abfahrt zum großen Lkw im Autohof, um die Sachen für den Landarzt auf den kleinen Mannschaftswagen zu laden. Vorher um 07:00 Uhr in der "Suite" unserer Herren eine Etage tiefer Frühstück. Erich hat ganz liebevoll aus den zusammengeschobenen Nachtschränken ihres Zimmers einen Frühstückstisch gedeckt mit pinkfarbenen Servietten als Set, dünn geschnittenem Vollkornbrot, Schinken, Frischkäse, Käse, Gurken, Kaffee - ein Traum, wenn man bedenkt, aus welcher Not das hier jetzt geboren ist!
Nach dem Beladen der Sachen für den Landarzt fahren wir gegen 08:45 Uhr aus Chisinau heraus, zunächst nach Hincesti. Das Dorf Sarateni liegt noch einmal eine dreiviertel Stunde Fahrzeit hinter dieser Stadt durch eine weithügelige, wunderschöne Landschaft, in der nur ganz wenige Menschen wohnen. Auf eher mal wieder schlechten Strassen passieren wir zwei Dörfer mit armseligen Häusern in abbruchreifem Zustand, kleinen Gärten davor, etwas Vieh, vielen Gänsen auf der Straße. Die Menschen hier leben in sehr spärlichen Verhältnissen.
Um 10:15 Uhr sind wir dann endlich bei unserem Landarzt Boris, der uns schon erwartet. Er hat eine Digitalfotokamera in der Hand (von wem auch immer er die hat) und ist ganz aufgeregt, weil er für die dortige Zeitung Aufnahmen machen soll. Angela, die Lehrerin aus dem Nachbarort, die etwas Deutsch spricht, braucht hierfür kurze Informationen über IceFlower und das THW. Die Männer entladen inzwischen schon in unserer wohlbekannten Praxis. Besondere Freude bereitet uns die Tatsache, dass wir viele der Schränke und Liegen, die wir im letzten Jahr mitgebracht hatten, hier nun aufgebaut und voll in Funktion sehen. Ganz besonders der Zahnarztstuhl aus Bad Schwartau, der hier prächtig seinen alten Vorgänger abgelöst hat! Der Vorgänger - das "Guggenheim-Modell" von anno tobak - ist noch in einer Ecke zu sehen. Was für ein Unterschied!
Mit den tüchtigen Arzthelferinnen gehen wir ein paar unserer großen Verbandskisten durch - es ist kaum zu beschreiben, welche Freude die elastischen Hansaplast-Binden, Stützstrümpfe und Fußsalben auslösen. Wieder eine Bestätigung, dass wir mit dem Basismedizinbedarf an diesem Ort genau richtig liegen. Wir sind hier nun zum ersten Mal an einem Wochentag bei laufender Praxis: Es gibt insgesamt fünf Ärzte, drei sind gerade mit Untersuchungen beschäftigt und - mich haut es fast um - da steht ein Computer mit einem Flachbildschirm! Offensichtlich ist es eine der Praxen, die an einem gesonderten EU-Programm teilnehmen konnte, denn die Landarztpraxen wurden alle mit PCs ausgestattet.
Vor der Tür steht aber immer noch der alte, unbrauchbare Krankenwagen. Und man muss wirklich sagen, dass bei allem, was wir hier abladen, auch bei Küchenschränken und Stühlen, noch immer ein großer Bedarf besteht.
Das Dorf hat 5.200 Einwohner, die ganze Region 12.900, für die insgesamt fünf Ärzte in diesem Ambulatorium zuständig sind.
Es gibt eine Schule für 100 Kinder, die wir uns das nächste Mal anschauen wollen, und einen Kindergarten für ca. 20 - 30 Kinder, der sich hinter dem Ambulatorium befindet. Dort sind an diesem Morgen 22 kleine Kinder im Alter von ca. 2 bis 5 Jahren. Für uns für die Zukunft wichtig: Dieses Dorf können wir grundsätzlich weiter ausstatten, einfach mit allen "Basics"! Sie werden auch beim nächsten Mal in unseren Wichtelpäckchen-Verteiler mit aufgenommen.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich eine Art "Gemeindehaus" mit einem kleinen Bistro am Eingang und einer großen Halle in landestypischer Dekoration. Dort wartet mal wieder eine "Kleinigkeit" an Essen auf uns. Der Tisch ist gedeckt und der Landarzt und Maria - entweder die Seele der Praxis oder/und aber auch seine Frau, man weiß es nicht genau - setzen sich zu uns. Es ist sehr traurig, dass wir diesmal keinen Dolmetscher dabei haben. Er möchte soviel sagen, wir ja auch - wir drücken es mit Händeschütteln, Händedruck, Augenkontakt und immer wieder "Noroc" (Prost) und "Multumesc" (Vielen Dank) aus. Es kommt auch so schon ganz viel rüber!
Dieses Mal bekommen wir etwas anderes zu essen: Die Vorspeise ist ein Krautsalat mit Hackwürstchen - wir würden Cevapcici dazu sagen - und dazu ein hausgemachter Weißwein aus dieser Region, natürlich wieder serviert in 1,5-Liter-Sprudelflaschen. Und immer wieder heißt es "Noroc", das rumänische "Prost". Man versucht auch hier, mit Essen und Trinken die große Dankbarkeit auszudrücken.
Wir sind ein bisschen unter Zeitdruck, weil wir heute Nachmittag durch Einladung des Innenministeriums eine Besichtigung des größten Weinkellers der Welt vor uns haben und deshalb rechtzeitig in Chisinau zurück sein müssen.
Als Abschiedsgeschenke gibt es drei 1,5-Liter-Riesenflaschen Honig, drei Flaschen Weißwein, drei Flaschen Rotwein. Unter tausendfachem Händeschütteln und immer wiederkehrenden Zeichen der Dankbarkeit fahren wir fröhlich ab. Natürlich ist der Wein hier nicht so stark, eher geringprozentig, dennoch sind es alle nicht gewohnt tagsüber Alkohol zu trinken. Etwas fröhlicher als unser Fahrer, der uns aushalten muss, geht es wieder Chisinau-wärts. Die meisten schlafen unterwegs.
Wir schaffen es noch rechtzeitig in unser Krankenhaus, um uns umzuziehen und in den Minibus zu steigen, der uns auch vom Innenministerium zur Verfügung gestellt wird, um nach Milesti Mici zu fahren. Im Jahre 2005 erfolgte der Eintrag in das Guinnessbuch als größter Weinkeller der Welt mit 54 unterirdischen Kilometern voller Weinfässer. Diese Gänge sind entstanden, weil man für den Wiederaufbau von Chisinau nach dem 2. Weltkrieg die Kalksteine von dort gebraucht hat. Da die Tiefe eine ideale Temperatur zum Lagern von Weinen bot, sind hier diese Keller entstanden. Wein war früher das Hauptexportprodukt dieses Landes. Seit der Unabhängigkeit und dem konkurrierenden Weinmarkt der EU sieht es mit dem Verkauf an Russland und andere Länder eher schlecht aus. Trotzdem wird hier mehr und mehr Wein gelagert, inzwischen sind es über 2 Millionen Flaschen. Die optimale Tiefe zur Champagner-Gärung ist bei 80 Metern unter der Erde und an diesem Punkt befindet sich auch der Champagner-Gang. Die Straßen werden je nach Traube benannt. Man fährt mit dem Auto z. B. durch eine Chardonnay-Straße, eine Cabernet-Straße, eine Pinot-Straße, usw. Wir mögen alle gern Wein und würden sehr gern hier einmal übernachten, aber bei einigen Ausstiegen - unter englischsprachiger Führung - wird uns doch recht schnell kühl. Es herrscht eine konstante Temperatur von 12° C bei einer Luftfeuchtigkeit von 80 %. Dann werden wir zur Degustation (Weinprobe) eingeladen in einem Rittersaal-ähnlichen Speisesaal mit Kerzenkandelabern. An langen Tischen sitzen dort die geführten Gruppen. Es gibt wieder das Landesübliche: Tomaten, Gurken, kalte Braten und als warme Mahlzeit Schnitzel mit Salat und Kartoffel. Vorab müssen wir - leider etwas im Eiltempo - drei Weiß- und drei Rotweine probieren und jeder darf dann seinen Lieblingswein aus diesem Sortiment zum Essen aussuchen.
Das hat so ein bisschen den Charakter einer touristischen Aktion, weil wir unter Zeitdruck sind und die nächste Gruppe schon wartet. Dennoch ist es ein Erlebnis der besonderen Art und sehr, sehr beeindruckend!
Als Abschiedspräsent bekommt jeder von uns drei Flaschen Wein und den hiesigen Champagner oder Sekt. Begleitet werden wir übrigens von Marcel und Dr. Obada. Auch in dieser geselligen Runde ergibt sich wieder die Gelegenheit, uns mehr über die Arbeit - bei ihm und bei uns -, mögliche IceFlower-Unterstützungen in der Zukunft. usw. auszutauschen. Mit großer Freude hören wir, dass praktisch alle von uns mitgebrachten Geräte, Instrumente und Tische inzwischen verteilt und größtenteils schon aufgebaut sind. Offensichtlich haben sich mehrere Chirurgen um das Kistchen Instrumente und jedes einzelne Skalpell fast gestritten. Für uns also wichtig zu wissen: Instrumente werden hier sehr dringend gebraucht!
Gegen 19:00 Uhr sind wir wieder zurück in unserem Krankenhaus. Es regnet in Strömen, wir sind alle müde, wenig unternehmungslustig und treffen uns in unserem "Frühstückssalon", d. h. bei unseren Männern auf dem Zimmer. Nina deckt ganz bezaubernd den Tisch mit Früchten, die wir von Dr. Obada aus seinem Garten bekommen haben: Himbeeren, schwarze und rote Johannisbeeren, dazu haben wir noch Oliven und Weißwein. Damit schauen wir uns gemeinsam das EM-Fußballspiel Deutschland - Portugal an.
Freitag, 20. Juni 2008
Heute Morgen haben wir frei! Wir treffen uns gegen halb neun wie gewohnt im "Herrensalon". Vorher klopft es bei Nina und mir an der Tür: Eine vollbusige Krankenschwester hält uns einen großen Teller mit dem hiesigen landestypischen weißen Schafskäse hin: vom Chefarzt! Wir sollen verschiedene Sorten probieren, weil Dr. Obada uns einen großen Topf der bevorzugten Sorte (weniger oder eher mehr salzig), frisch eingelegt in Molke und damit für jede Temperatur haltbar und transportabel mitgeben möchte.
Frühstücken wollen wir heute in der Stadt. Das hört sich ganz einfach an. Erst einmal laufen wir fast eine halbe Stunde zu Fuß, dann erinnere ich mich an ein gutes Café in der Nähe des Museums neben dem Restaurant "Pitipan". Das ist auch tatsächlich ein wunderschönes Café, aber sie haben kaum etwas, das man zum Frühstück zu sich nehmen könnte, eher Quiche und Torten. Wir trinken dort einen frisch gepressten Orangensaft, guten Kaffee und gehen dann zu Mc Donalds. Aber auch hier gibt es nicht das übliche Frühstücksprogramm mit ham and eggs und muffins. Also wandern wir zunehmend unterzuckert durch die Gegend - inzwischen ist es 11 Uhr -, bis wir in einem Restaurant an der "Stefan cel Mare" draußen sitzen. Jeder bestellt ein Omelett, das dann über eine halbe Stunde braucht, so dass wir letztendlich erst um 12 Uhr etwas im Magen haben.
Es reicht gerade noch für ein Schlendern über den Markt, 2 Blocks parallel zur Stefan cel Mare. Dann geht es schon wieder zurück zum Krankenhaus, wo Marcel auf uns wartet. Der Direktor eines Kinderwaisenhauses und Schulinternates hinter Hincesti begleitet uns dorthin. Er soll die restlichen Wichtelpakete und Kleidung und Schuhe erhalten. Leider war uns vorher nicht klar, wie "nah" an Hincesti dieses Internat ist. Es befindet sich in einem Dorf namens Carpineni, das ungefähr dreißig Kilometer von Hincesti entfernt ist, aber eine Fahrzeit von ein bis anderthalb Stunden bei extrem schlechten Straßen bedeutet. Unsere spätere Verabredung mit dem deutschen Tischler in Hincesti, Walter Geier, dem Zollbeamten mit seiner Frau und Marcel mit seiner Familie in dem dortigen Restaurant müssen wir in stündlichem Abstand verschieben von 16 auf 17 auf 18 Uhr.
Die Straße wird zunehmend schlechter. Für diese 14 km von der Landstraße aus brauchen wir noch einmal eine gute Stunde, weil es viel Schlamm mit sehr vielen Schlaglöchern gibt. Nur kurze durchgehende Stücke sind asphaltiert. Hier hört die Welt irgendwo auf!
Ebenfalls durch Schlammlöcher fahren wir durch Carpineni. Das Internat liegt dahinter. Mehrere Gebäude gehören zum Internat. Es beherbergt 200 Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 18 Jahren. Die meisten sind zwischen 7 und 10 Jahren, zwei sind 18. Die Eltern der Kinder hier sind entweder verstorben, haben Alkoholprobleme, sonstige psychiatrische Erkrankungen oder sind nach Westeuropa zum Arbeiten weggegangen und haben ihre Kinder einfach verlassen. Auch hier sind Ferien bis zum September, die gesamte Anlage befindet sich derzeit in Reparationsarbeiten. Der sehr nette Direktor, Tudor, zeigt uns schnell die wichtigsten Räume: überall zeigt sich die Armut, obwohl man immer wieder auch hier versucht, mit Farbe und Handarbeit soviel wie möglich zu erhellen. Offensichtlich unterstützen Italiener dieses Projekt. Es gibt von ihnen einen sehr schönen Spielraum mit kleinen Kindertischen, renoviert, frisch gestrichen und mit viel gutem Spielzeug. Ansonsten sind die Räumlichkeiten und auch die Gebäude jedoch in einem desolaten Zustand.
Unsere 130 Wichtelpakete, ein paar Beutel mit Schuhen und ein bisschen Kleidung, der Kasten mit den Ministeck-Unterlagen sind so etwas wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir sind jetzt doch sehr froh, dass wir Gelegenheit hatten, dieses Internat kennenzulernen, denn hier besteht noch eine größere Bedürftigkeit an Hilfe und Unterstützung als in Rezina.
Ein großes Problem ist offensichtlich das Wasser: der eine Wassertank scheint komplett zusammengebrochen zu sein. Wir können aus dem rostigen, alten Wassertank gesammeltes Wasser in einer Badewanne sehen. Es ist dunkelbraun und stinkt! Und dennoch wird gerade darin Wäsche gewaschen!
Die Kinderbetten sehen zum größten Teil recht gut aus, ebenso die Matratzen. Man versucht offensichtlich, diesem Internat nunmehr so weit wie möglich Unterstützung zukommen zu lassen. Unser heutiger Besuch ist ja auch eindeutig auf Wunsch von Herrn Golovaci.
Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Leute an dem Zugang und der Zuwegung hierher scheitern. Das ist fast ein Tagesritt! Mit 15 km/h kommen wir langsam voran, zwischendurch passieren immer wieder Gänse unseren Weg.
Wir nehmen uns bereits heute für die Zukunft vor, Schränke, Hängeschränke und Anrichten, die wir jetzt z. B. dem Landarzt gebracht haben und der damit nun auch reichlich abgedeckt ist, für dieses Internat zu sammeln.
Wenn auch verspätet, freuen wir uns, noch alle - wie verabredet - in Hincesti zu treffen, v. a Marcel`s Familie, Walter Geier mit Frau und die Lehrerin (Gattin des Zollbeamten Victor), der wir die versprochenen Schultische in die Schule bringen.
Nach einem wieder mal erfüllten, langen, aber auch befriedigenden Tag, geht es spätabends nach Chisinau zurück.
Inzwischen ist aber die Straße zu unserem Krankenhaus frisch geteert und mit Betonblöcken versperrt worden. Was nun? Christian, unser heutiger Fahrer, versucht mit einem Polizisten Kontakt aufzunehmen. Natürlich gibt es ohne Ende Verständigungsschwierigkeiten, aber der Wagen vom THW mit dem Aufkleber der Federal Republic of Germany scheint Eindruck zu machen. Der Polizist telefoniert wild, reicht uns dann ein Handy, an dessen anderem Ende der Teilnehmer mit amerikanischem Slang ein perfektes Englisch spricht und uns fragt, wo wir stehen und wohin wir wollen und uns einen Umweg leitet. Es muss jemand Höheres aus dem Innenministerium sein, allein schon wegen der Sprache. Anschließend steigt der Polizist in sein Auto und fährt mit Blaulicht uns voran durch einen Schleichweg, den wir uns nie getraut hätten, mitten durch einen Park. Der Weg hat gerade mal Fußgängerbreite, das Auto passt soeben durch. Wir fahren quer durch Häuserblocks, über Bürgersteige, über Rot und sind fünf Minuten später vor dem Eingang unseres Krankenhauses. Wir finden, das ist ein wunderbarer Abschluss dieser Tour, die gezeigt hat: jede Hürde nehmen zu können und wenn es sein muss dann sogar mit Polizeigeleit!
Im "Herrensalon" wird - wie jeden Tag - das Tagesgeschehen und die Uhrzeit des morgigen Frühstücks diskutiert. Etwas, das ich zu Hause mit Sicherheit vermissen werde: morgendlicher Kaffee-Aufwach-Plausch mit Nina und abendliche Tagesschau im Herrensalon!
Das war und ist überhaupt eine gelungene Truppe, und wir haben noch nie in so kurzer Zeit so viel geschafft. Wir sind gerade mal eine Woche unterwegs und haben an sieben verschiedenen Orten unsere Gesamtladung mit einem guten Gefühl sinnvoll verteilen können: Angefangen beim Krankenhaus für das Innenministerium, dann die Polizeiakademie, das Internat in Rezina, der Landarzt mit dörflichen Einrichtungen, das Internat in Carpineni und die Grundschule von Hincesti.
Nebenbei waren wir im Weinkeller, haben in der Stadt gebummelt, den Markt gesehen, das Kloster besichtigt, immer ganz viel und gut gegessen und die Gastfreundlichkeit der hiesigen Bevölkerung genossen.
Samstag, 21.Juni 2008
Da alles besser denn je geklappt hat und wir jetzt schon mit dem Entladen, Beliefern, sonstigem Programm etc. durch sind, lege ich meinen Rückflug vor, kann damit also gleichzeitig mit Nina via Budapest heim.
Unsere THW-Männer wollen Sonntag früh die Rücktour antreten, in aller Ruhe, mit Aufenthalt u. a. in Krakau und Luckenwalde, um danach in Schwerin im Krankenhaus mit den leeren Wagen bereits wieder Betten, Nachtschränke und Rollstühle für die nächste IceFlower-Tour in die Republik Moldau abzuholen.
Vormittags bummeln wir gemeinsam durch Chisinau - die obligatorischen Mitbringsel wie Senf, Kaviar, Grillspieße, Bier, etc. müssen noch besorgt werden.
Mittags erfolgt die herzliche Verabschiedung von Dr. Obada, der uns nach allem Verwöhnen auch noch mehrere (Plastik)Literflaschen eines hervorragenden Rotweines mit auf den Weg geben möchte - Wir sind gerührt!
Tja, und dann trennen sich unsere Wege nach sehr intensiven, guten und erfolgreichen gemeinsamen Tagen.
Das fröhliche Wiedersehen wird - mit allen Familienangehörigen - 1 Woche später beim THW-Hamburg-Nord gefeiert.
Nach dieser erfolgreichen Tour kann es hochmotiviert weitergehen - Richtung Republik Moldau natürlich!